Die 12 häufigsten Fehler bei der Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) in der Schweiz
Sowohl während des Gründungsprozesses als auch nach der Eintragung im Handelsregister gibt es zahlreiche Stolperfallen, die man auf dem Weg in die Selbständigkeit umgehen sollte. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, welche 12 häufigsten Fehler Sie vermeiden sollten, um mit Ihrer AG erfolgreich zu sein.
Nützliche Tipps, die man beim Schritt in die Selbständigkeit beachten sollte, findet man überall im Internet. Trotzdem scheitern viele Jungunternehmer mit ihrem Unternehmen bereits im ersten Jahr.
Für die öffentliche Beurkundung der AG-Gründung müssen Sie zum Notar. Die Gründungsdokumente können Sie jedoch selbst erstellen: Entweder laden Sie die auf der Homepage Ihres Handelsregisteramtes verfügbaren Musterdokumente herunter und passen diese selbst an oder Sie erstellen die notwendigen Dokumente kostenlos auf RecordWise.
Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass im Austausch mit einem Gründungsexperten (👋) zahlreiche Fallstricken identifiziert und überwunden werden können.
Die 12 häufigsten Fehler bei der Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) sind:
- Fehler 1: Ich gestalte zunächst das Logo, die Visitenkarten und die Webseite, noch bevor die Firma im Handelsregister eingetragen ist.
- Fehler 2: Ich definiere das Tätigkeitsfeld der AG im Firmenzweck zu eng.
- Fehler 3: Ich benötige keinen Aktionärbindungsvertrag, da ich meine Co-Founder schon lange kenne.
- Fehler 4: Ich beantrage keine Mehrwertsteuernummer, solange ich weltweit einen Umsatz von weniger als CHF 100'000.00 erwirtschafte.
- Fehler 5: Ich verbringe zuerst einige Monate damit, den perfekten Businessplan zu schreiben.
- Fehler 6: Ich habe die Finanzen nicht im Griff und gebe zu viel Geld aus.
- Fehler 7: Ich bezahle zwar die Löhne meiner Mitarbeiter, führe jedoch die Sozialversicherungsabgaben nicht ab, wenn das Geld knapp wird.
- Fehler 8: Die wirtschaftlich berechtigte Person wird der Gesellschaft nicht gemeldet.
- Fehler 9: Da ich der einzige Aktionär meiner AG bin, muss ich kein Aktienbuch oder Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten führen.
- Fehler 10: Ich gründe eine AG, um für meinen jetzigen Arbeitgeber zum gleichen Tarif als Freelancer tätig zu sein.
- Fehler 11: Ich gründe meine AG im steuergünstigen Kanton Zug, damit ich weniger Steuern bezahlen muss.
- Fehler 12: Ich wage den Schritt in die Selbständigkeit gar nicht, da jemand anderes schon dieselbe Idee verfolgt.
Fehler 1: Ich gestalte zunächst das Logo, die Visitenkarten und die Webseite, noch bevor die Firma im Handelsregister eingetragen ist.
Viele Gründer lassen schon vor dem Handelsregistereintrag das Logo, die Webseite und Visitenkarten der neuen Firma erstellen. Oft stellt sich dann aber heraus, dass der gewünschte Firmenname aus markenrechtlichen oder firmenrechtlichen Gründen gar nicht verwendet werden kann. Es kann sein, dass eine andere Gesellschaft mit sehr ähnlicher Firma bereits im Handelsregister eingetragen ist oder dass im Markenregister bereits eine identische Wortmarke für die gleichen Waren und Dienstleistungen eingetragen ist. Weil dann eine neue Firmenbezeichnung gewählt werden muss, sind die Aufwendungen für die Gestaltung des perfekten Firmenlogos und den Druck der Visitenkarten vergebens gewesen.
Durch eine vorgängige Prüfung der gewünschten Firmenbezeichnung und einer entsprechenden Markenrecherche hätten die doppelten Ausgaben einfach vermieden werden können. Der Firmenname einer Aktiengesellschaft muss den Zusatz "AG" enthalten, während beim Logo ein solcher Zusatz nicht verwendet werden muss.
Fehler 2: Ich definiere das Tätigkeitsfeld der AG im Firmenzweck zu eng.
Es kann sein, dass Sie den strategischen Kurs ihrer AG ändern müssen, wobei die Unternehmensvision nicht in Frage gestellt wird. Auslöser für einen solchen Kurswechsel können Kundenfeedbacks, Tests, Konkurrenzsituationen oder neue Marktumstände sein.
Damit Sie nicht bei jeder kleinen Strategieanpassung den Unternehmenszweck im Handelsregister mutieren müssen, sollten Sie den Zweck nicht allzu eng definieren. Zu viele Gründer schränken sich bei der Formulierung unnötig ein und riskieren damit eine unnötige Statutenänderung. Formulieren Sie den Firmenzweck daher so, dass ein möglichst grosser Spielraum für unternehmerisches Handeln bewahrt wird. Unzulässig ist jedoch eine zu allgemein formulierte Zweckumschreibung (z.B. "Dienstleistungen aller Art" oder "Fabrikation von Waren aller Art").
Spezialisieren Sie sich mit Ihrer Aktiengesellschaft auf etwas Einzigartiges, so könnte es hingegen sinnvoll sein, diesem Umstand über den Gesellschaftszweck Publizität zu verleihen. Bei gewissen Zweckformulierungen verlangen Versicherungen schliesslich höhere Prämien, da zusätzliche Risikoklassen mitversichert werden müssen.
Fehler 3: Ich benötige keinen Aktionärbindungsvertrag, da ich meine Co-Founder schon lange kenne.
Bei Startups, KMU und Familienunternehmen haben die Gründer tendenziell eine grosse Bedeutung.
Bei der GmbH als "personenbezogene" Kapitalgesellschaft können in den Statuten verschiedene Pflichten der Gesellschafter geregelt werden. Bei der AG hingegen können die Aktionäre in den Statuten lediglich zur Leistung des für die Ausgabe einer Aktie vereinbarten Betrags verpflichtet werden. Mit einem Aktionärbindungsvertrag kann jedoch sichergestellt werden, dass gewisse Aktionäre in den Verwaltungsrat zu wählen sind oder dass eine verkaufswillige Aktionärin ihre Aktien zuerst den übrigen Aktionären anbieten muss, bevor sie an Dritte verkaufen kann. In diesem Zusammenhang ist es auch sinnvoll, schon vor einem etwaigen Ausstieg Klarheit über die Bewertung der Aktien zu verschaffen.
Schliesslich können auch weitere Übertragungsbeschränkungen, Pflichten zur Arbeits- oder Sachleistung, Treuepflichten und Konkurrenzverbote vereinbart werden.
Fehler 4: Ich beantrage keine Mehrwertsteuernummer, solange ich weltweit einen Umsatz von weniger als CHF 100'000.00 erwirtschafte.
Wenn der Umsatz aus steuerbaren Leistungen innerhalb eines Jahres weniger als CHF 100'000.00 beträgt, ist Ihre AG grundsätzlich von der Mehrwertsteuerpflicht befreit und es muss keine Mehrwertsteuernummer beantragt werden.
Es kann jedoch sinnvoll sein, die Mehrwertsteuernummer freiwillig zu beantragen: Die Mehrwertsteuer ist eine Konsumsteuer, die erst beim Endverbraucher anfällt. Wenn Sie sich freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellen und von einem anderen Unternehmen Leistungen beziehen, die Sie für Ihre eigene unternehmerische Tätigkeit weiterverwenden, so dürfen Sie bei der effektiven Abrechnungsmethode die Ihnen von Ihrem Leistungserbringer in Rechnung gestellte MWST, die sogenannte Vorsteuer, in Ihrer Abrechnung gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Abzug bringen.
Eine freiwillige MWST-Unterstellung lohnt sich, falls in der Startphase grössere Investitionen zu tätigen sind und Sie die darauf anfallende Vorsteuer geltend machen möchten, oder wenn viele Ihrer Kunden der MWST unterstellt sind und ihrerseits den Vorsteuerabzug geltend machen wollen.
Fehler 5: Ich verbringe zuerst einige Monate damit, den perfekten Businessplan zu schreiben.
Ein Businessplan ist vor allem dann zwingend, wenn ein Existenzgründer bei einer Bank eine Finanzierung beantragen will, Investoren sucht oder Partner für seine Geschäftsidee begeistern will. Der Businessplan gibt Auskunft über die Geschäftsidee, die Chancen und Gefahren im Marktumfeld, die Stärken und Schwächen des Unternehmens, die Strategie und die Konsequenzen daraus und den mittelfristigen Finanzbedarf.
Ein Businessplan kann Struktur in die unvorhersehbare Zukunft bringen und den Autor dazu zwingen, sich mit möglichen Problemen auseinanderzusetzen. Umfangreiche Ausführungen zur Frage, warum einzelne Konkurrenten keine Gefahr für das eigene Geschäftsmodell darstellen, bringen in der Anfangsphase jedoch keinen wirklichen Mehrwert.
Bei einem Startup sollten Sie zu Beginn nicht zu viel Zeit für den Businessplan verwenden, da sich dieser ändern wird, sobald Sie mit potenziellen Kunden sprechen. Gemäss einer Studie von Francis J. Greene und Christian Hopp waren im Durchschnitt die erfolgreichsten Unternehmer diejenigen, die ihren Businessplan erst zwischen 6 und 12 Monaten nach der Entscheidung, ein Unternehmen zu gründen, geschrieben haben. Sie nutzen Ihre Zeit in der Startphase besser, wenn Sie gewisse Annahmen treffen, die Sie testen können. Dabei können Sie sich an den folgenden Fragen orientieren: Wer ist ihr Kunde? Welche Probleme versuchen Sie zu lösen? Wie löst Ihr Produkt diese Probleme? Welches sind die Key Features Ihres Produkts?
Fehler 6: Ich habe die Finanzen nicht im Griff und gebe zu viel Geld aus.
Nur die wenigsten Jungunternehmen erhalten (und benötigen) gleich zu Beginn die in den Medien oft gehypte Millionenfinanzierung durch bekannte Venture Capital-Firmen. In der frühen Unternehmensphase braucht man oftmals noch keine Millionen. Im Gegenteil: So viel Kapital könnte man in der Startphase gar nicht sinnvoll einsetzen. Die meisten Gründer greifen bei der Gründung daher auf eigene Ersparnisse zurück. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass man sein Geld einsetzen kann, wie man will und sich nichts vorschreiben lassen muss.
Achten Sie jedoch auf die Liquidität. Liquidität bedeutet, dass ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann, indem es beispielsweise Gehälter, Mieten oder offene Lieferantenrechnungen bezahlen kann. Die Liquidität ist bei Statups besonders wichtig, denn oftmals scheitern Jungunternehmer nicht aufgrund von Jahresverlusten, sondern wegen Liquiditätsengpässen.
Zur Inspiration: Pieter Levels betreibt die Webseiten NomadList.com und RemoteOK.io. Er generiert dabei einen jährlichen Umsatz von rund USD 600'000.00 und hat lediglich einen Mitarbeiter, der sich auf Abruf um den Server kümmert. Trotz Masterabschluss in Business Administration programmiert er seine Webseiten selbst und ist nicht auf ein Entwicklerteam in Osteuropa angewiesen. Aufgrund der sehr tiefen Kosten kann er den Grossteil seines Umsatzes als Gewinn verbuchen. Auch ist er aufgrund der tiefen Kosten während der Corona-Pandemie nicht in einen Liquiditätsengpass gelangt.
Fehler 7: Ich bezahle zwar die Löhne meiner Mitarbeiter, führe jedoch die Sozialversicherungsabgaben nicht ab, wenn das Geld knapp wird.
Werden die Beiträge an die Sozialversicherungen von der AG nicht entrichtet, so haften die Mitglieder des Verwaltungsrats oder die Liquidatoren im Konkursfall mit ihrem privaten Vermögen solidarisch für Schäden, die der Sozialversicherung zugefügt werden (Art. 52 AHVG). Dies sollten Sie zwingend vermeiden.
Fehler 8: Die wirtschaftlich berechtigte Person wird der Gesellschaft nicht gemeldet.
Per 1. November 2019 wurde nicht nur die Inhaberaktie faktisch abgeschafft, sondern auch der Massnahmeapparat im Bereich der Meldepflichten für Aktionäre bezüglich der wirtschaftlich Berechtigten mit der Einführung zusätzlicher gesellschafts- und neu auch strafrechtlicher Sanktionen verschärft.
Gemäss Art. 697j OR muss derjenige, der allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer nicht kotieren Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet, der Gesellschaft innert Monatsfrist den Vor- und den Nachnamen und die Adresse der wirtschaftlich berechtigten Person melden (Abs. 1). Etwaige Änderungen danach sind innert drei Monaten zu melden. Ein originärer Erwerb findet auch bei der Gründung der Aktiengesellschaft statt.
Wer diese Meldepflichten als Aktionär vorsätzlich verletzt, wird mit Busse bestraft (Art. 327 StGB).
Fehler 9: Da ich der einzige Aktionär meiner AG bin, muss ich kein Aktienbuch oder Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten führen.
Die Gesellschaft muss das Aktienbuch und das Verzeichnis über die ihr gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen vorschriftsgemäss führen. Ein Verstoss gegen diese Pflichten stellt grundsätzlich ein Organisationsmangel dar. Bei dessen Vorliegen kann das Gericht unter Androhung der Auflösung der AG eine Frist ansetzen, binnen deren der rechtmässige Zustand wiederherzustellen ist.
Eine Pflichtverletzung kann auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Wer das Aktienbuch oder das Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen vorsätzlich nicht vorschriftsgemäss führt und damit die verbundenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten verletzt, wird mit Busse bestraft (Art. 327a StGB). Strafbar machen können sich namentlich die Verwaltungsratsmitglieder, da ihnen die Pflicht zur Führung der Verzeichnisse zugerechnet wird.
Fehler 10: Ich gründe eine AG, um für meinen jetzigen Arbeitgeber zum gleichen Tarif als Freelancer tätig zu sein.
Sie können ohne Weiteres für Ihren bisherigen Arbeitgeber tätig sein und dies über Ihre AG abrechnen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Tätigkeit nicht mehr durch das Arbeitsrecht, sondern durch das Auftrags- oder Werkvertragsrecht geregelt wird. Sie profitieren daher im Verhältnis zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber nicht mehr von den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzbestimmungen, dem Ferienanspruch und der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit. Im Gegenteil: Ein Auftrag kann jederzeit widerrufen oder gekündigt werden und Sie müssen die Sozialleistungen selber abrechnen. Diese "versteckten" Kosten sollten Sie bei der Offertstellung einkalkulieren.
Fehler 11: Ich gründe meine AG im steuergünstigen Kanton Zug, damit ich weniger Steuern bezahlen muss.
Die Steuerbelastung für Unternehmen kann zwischen den Kantonen relativ stark variieren. Trotzdem haben steuerliche Aspekte bei der Wahl des Sitzes eines Startups eine nachrangige Bedeutung, da Steueroptimierung erst sinnvoll ist, wenn Gewinne erwirtschaftet werden, die versteuert werden müssen.
Weiter liegt das Hauptsteuerdomizil einer AG immer und ausschliesslich am Ort der tatsächlichen Verwaltung (vgl. BGer 2C_627/2017 vom 1. Februar 2019). Durch die Wahl des statutarischen Firmensitzes in Zug können daher keine Steuern gespart werden, wenn sich die tatsächliche Verwaltung in St. Gallen oder Bern befindet. Überdies fallen bei einem Firmendomizil in einem steuergünstigen Kanton zusätzliche Domizilkosten an.
Standortfaktoren wie eine gute Verkehrsanbindung, günstige Büromietpreise, die Verfügbarkeit von gut ausgebildetem Personal sowie die Nähe zu potenziellen Kunden dürften die Wahl des Firmensitzes massgeblich beeinflussen.
Fehler 12: Ich wage den Schritt in die Selbständigkeit gar nicht, da jemand anderes schon dieselbe Idee verfolgt.
Selbst wenn jemand anderes bereits an der Idee arbeitet, sind Sie wahrscheinlich noch nicht zu spät. Paul Graham schreibt, dass es äusserst selten ist, dass Startups durch ihre Konkurrenten zerstört werden. Die Existenz von Konkurrenzunternehmen bedeutet vielmehr, dass für Ihr Produkt oder Ihre Idee bereits ein Markt besteht. Es gibt also eine Nachfrage. Wenn Sie mit Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung auf dem Markt vollkommen alleine sind, dann liegen Sie wahrscheinlich falsch.
Gerne begleiten wir Sie von der Beratung bis zum Handelsregistereintrag und darüber hinaus, so dass Sie die aufgezeigten 12 häufigsten Fehler bei der Gründung einer AG vermeiden können.